Maria, Hilfe der Christen

Maria, Hilfe der Christen

Unsere Pfarrkirche ist die Kirche Maria, Hilfe der Christen in Spandau. Sie steht an der Flankenschanze 43

(Ecke Galenstraße) und wurde 1908-1910 im neuromanischen Baustil aus Backstein gebaut.

Mit dem Kirchentitel „Maria, Hilfe der Christen“ (lateinisch: Auxilium Christianorum) wurde ein mittelalterliches Attribut Mariens aufgegriffen, das auch zu den Anrufungen der Lauretanischen Litanei zählt. Dieses Patrozinium erinnert (wie bereits bei der Behnitzkirche) an das 1239 von den askanischen Markgrafen gestiftete Benediktinerinnenkloster St. Marien südlich der Stadt Spandau, das 1558 infolge der Reformation aufgehoben worden war.

 

Das Kirchengebäude

Den Entwurf zur Kirche erstellte der Architekt Christoph Hehl, Professor an der Technischen Hochschule Charlottenburg, der sich vom Bau des Tempels der Minerva medica in Rom inspirieren ließ. Die Vorgaben des Kirchenvorstands verlangten, dass von einer möglichst großen Zahl von Plätzen aus Altar und Kanzel gesehen werden konnten. Außerdem musste ein Backsteinbau entstehen, und im Kircheninneren war ein Prozessionsweg zu konzipieren, da die preußischen Bauvorschriften Prozessionen außerhalb des Gotteshauses verboten.

Aus Backsteinen im Klosterformat entstand in neuromanischer Bauweise – wie auch das benachbarte Pfarrhaus – ein überkuppelter Zentralbau über einem kreuzförmigen Grundriss in ungefährer Nord-Süd-Ausrichtung. Wegen des Zuschnitts des Baugrundstücks war eine Ostung der Kirche nicht möglich. Insgesamt ist der Baukörper außen und innen vielgestaltig. Die Baukosten waren mit 350.000 Mark geplant.

Die gewölbte Kuppel des Zentralbaus bildet ein Zehneck mit 20 oberen Fenstern. Die Kuppel hat einen Durchmesser von 20,20 m bei einer inneren Höhe von 25 m und einer äußeren Höhe von 33 m. Auf der nördlichen Seite sind drei Konchenkapellen mit dem Hauptaltar und zwei Nebenaltären angegliedert, auf der anderen Seite eine Vorhalle mit Orgelempore. Die Vorhalle öffnet sich östlich zu einer rechteckig angebauten Betkapelle und westlich zu einer halbrunden Taufkapelle. Zwei kurze Querschiffe ergänzen die Kreuzform. Durchbrüche von den Querarmen zu den seitlichen Konchen und zur Vorhalle ergeben einen Umgang für Prozessionen.

Die Durchdringung von Zentralbau und Kreuzgrundriss und die angegliederte Dreikonchenanlage stellen eine Spezialität des Architekten Christoph Hehl dar, der sich frei historisierend am Formenvokabular

mittelalterlicher und antiker Bauten orientierte, das er gut kannte.

Der fünfgeschossige Kirchturm an der Südseite ist 52,5 Meter hoch und hat einen quadratischem Grundriss von 10 m × 10 m. Er wird von einem achteckigen kurzen Helm gekrönt, dessen Unterbau von runden Ecktürmchen und Ziergiebeln flankiert wird. Beidseitig sind dem Turm Anbauten mit den Nebeneingängen angegliedert, deren Schrägdächer mit dem zweiten Geschoss des Turmes abschließen. Die Fassade ist durch weiße Putzflächen als Blenden, durch Giebelrosetten und Formsteine im Anklang an märkische Ziegelbauten gegliedert. Kirche und Turm wurden als Ziegelmauerwerk aus Hintermauerungssteinen im Klosterformat erstellt und mit Handstrichsteinen verblendet.

Das Kuppelgewölbe des zentralen Hauptbaus unter einem stählernen Zeltdach war ursprünglich gemauert. Beim Wiederaufbau nach der Kriegszerstörung wurde es als aus zehn 10 m langen Rippen konstruiert, die als Stahlbetonfertigteile, genau wie der obere Druckring, an Ort und Stelle im Innern des Kirchenraums hergestellt wurden. Am Fußende der Rippen verläuft ein Stahlbetonband als Ringanker, der den Gewölbeschub aufhebt und die Lasten senkrecht ins Mauerwerk leitet. Das Verfahren der Herstellung der Kuppelrippen wurde erstmals in Berlin angewendet. Im Inneren werden Gewölberippen nachempfundene schmale, aus Ziegeln gemauerte Säulen in den Winkeln des Zehnecks bis auf die Kapitelle der Säulen und Pfeiler des Kirchenraumes herabgeführt.

Die vier Säulen im Zentralbau und die sechs Säulen in der Vorhalle sind mit roten Ziegeln verblendet, die Pfeiler gehen in das Wandmauerwerk über und sind glatt hell verputzt.

 

Innenausstattung

Die Innenausstattung folgte dem Konzept des Baumeisters Hehl. Die farbige Wandgestaltung durch den Maler Theodor Nüttgens erfolgte von März bis Oktober 1921. Die Ausmalung war in Blau und Gelb

gehalten, in der Altarapsis in leuchtendem Rot. Dargestellt waren im Altarraum das Lamm Gottes, unter den oberen Fenstern im Zentralbau das irdische Marienleben von der Geburt Mariens bis zu ihrer Aufnahme in den Himmel. Die einzelnen Szenen sind in historisierender Darstellung in eine märkische Umgebung versetzt. Darunter verlief ein Spruchband, der deutsche Text war der Beginn des Magnificat: „Hochpreise meine Seele den Herrn und mein Geist frohlocke in Gott meinem Heilande. Denn er hat angesehen die Niedrigkeit seiner Magd. Denn siehe von nun an werden mich selig preisen alle Geschlechter.“ (Lk 1,46-48). Die Kuppel mit den Fenstern war als Himmel ausgemalt, musizierende Engel umrahmten die Darstellung die Himmelfahrt und Krönung Mariens, Heilige sind auf die Szene hin ausgerichtet. Die geplante Darstellung eines Kreuzwegs im Querschiff und im Langhaus musste wegen der Inflation unterbleiben.

Diese ursprüngliche Innenausstattung wurde durch Kriegseinwirkung weitgehend zerstört. Nach dem Wiederaufbau in den Jahren 1948 bis 1952 blieb sie zunächst provisorisch. Die Ausmalung wurde nicht erneuert, die Wände sind jetzt glatt weiß.

Ab 1968 erfolgte die Neugestaltung nach den Vorgaben der Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen

Konzils durch den Berliner Architekten Georg Schönfeld. Der neue blockhafte Altar aus Anröchter Dolomit wurde aus der Konche zum Mittelraum vorgezogen; er wurde - wie auch Ambo und Priestersitz - gestaltet von Paul Brandenburg und am 17. Mai 1969 geweiht. Hinter dem Altar wurde ein siebenarmiger Leuchter in Bronze aufgestellt. Die bronzene Kreuzigungsgruppe in der Mittelapsis ist ein Neuguss der im Krieg zerstörten Figuren von Josef Limburg, die zum früheren Hochaltar gehörten. Da die Gussformen noch existierten, konnten sie neu gegossen und in die Gestaltung einbezogen werden.

Die Nebenaltäre in den seitlichen Konchen wurden entfernt. Die linke Seitenapsis nahm einen neuen Tabernakel von Georg Schlüter auf, in der rechten fand der alte Taufstein seinen Platz. Hinter Tabernakel und Taufstein füllen zwei abstrakte „Meditationsbilder“ die ansonsten weißen Wände. Diese Bilder stammen von dem Künstler Gerhard Köhler (1923-1974) und sind in Seccomalerei ausgeführt. Das Bild hinter dem Tabernakel trägt den Titel ''Cherubim'', das auf der Rückwand des Taufsteins ''Durchzug durch das Rote Meer'' (Ex 14,21-31).

Von 2000 bis 2006 wurden abstrakte farbige Glasfenster von Johannes Beeck aus Nettetal eingesetzt. 51 dieser Fenster finanzierte der ''Verein der Freunde der St.-Marien-Kirche e.V.'' aus Spenden, zwölf weitere wurden privat gestiftet. Zwei Galvanoplastiken der Heiligen Maria und des Heiligen Josef aus der Anfangszeit der Kirche, 1910 geschaffen vom Bildhauer Heinrich Pohlmann, die die Kriegszerstörung überstanden haben, wurden restauriert und sind wieder in der Kirche aufgestellt.

 

Orgel

Die erste Orgel von 1910 wurde erbaut von der Orgelbaufirma Anton Feith in Paderborn. Nach der Zerstörung wurde 1959 eine neue Orgel durch denselben Orgelbauer erstellt. Sie steht auf der Orgelbühne über der Vorhalle und verfügt über 30 Register auf drei Manualen und Pedal, elektropneumatische Kegelladen und eine Crescendo-Walze.

I Manual C–g3

II Manual C–g3

III Manual C–g3

Pedal C–f1

Quintade 16′

Prinzipal 8′ Gemshorn 8′

Oktave 4′

Rohrflöte 4′

Waldflöte 2′

Sesquialter II

Mixtur V–VI

Trompete 8′

Lieblich gedackt 8′

Prinzipal 4′

Rohrnasard 2 2⁄3′

Quintzymbel III

Krummhorn 8′

Offenflöte 8′

Salicional 8′

Schwebung 8′

Prinzipal 4′

Spillpfeife 2′

Spitzquinte 1 1⁄3′

Scharff III

Schalmey 8′

Principalbass 16′

Subbass 16′

Oktavbass 8′

Bartpfeife 8′

Choralbass 4′

Trompete 8′

 

Koppeln: I/P, II/P, III/P, II/I, III/I, III/II.

Spielhilfen: Handregister; 2 freie Kombinationen; Tutti; Crescendowalze mit Absteller.

 

Glocken

Im Turm hängen zwei Bronzeglocken. Ursprünglich bestand das Geläut aus vier Glocken, gestimmt auf die Töne b, des, es, f (Präfationsmotiv). Die Glocken waren im Jahr 1910 von Glockenmeister Otto aus Hemelingen gegossen worden und wurden zu Weihnachten, am 25. Dezember 1910, zum ersten Mal geläutet. Im Ersten Weltkrieg musste die Gemeinde die drei größeren Glocken als „Metallspende des deutschen Volkes“ abgeben, die im Februar 1918 eingeschmolzen wurden. Sie wurden nach dem Krieg im Jahr 1927 durch drei neue Glocken ersetzt, wiederum von der Firma Otto in derselben Stimmung und annähernd gleich schwer gegossen. Erstmals geläutet wurden sie am 13. Juni 1927.

Im Zweiten Weltkrieg mussten diese Glocken 1942 erneut abgeliefert werden und wurden eingeschmolzen. Nur eine der ursprünglichen Glocken, die nach dem heiligen Karl Borromäus benannte kleinste, kehrte nach Spandau zurück. 1960 wurde eine zweite Glocke der Gießerei Rudolf Perner in Passau angekauft.

Glocke 1, gegossen 1910 von Franz Otto:

Schlagton f′; Gewicht: 1138 kg; Durchmesser: 1210 mm; Höhe: 1000 mm;.
Inschrift in der Schulter:
+ IN HON. ST. CAROLI PUF QUE UXOR BARBARA A. 1910 + BORROMAE IN DEDICA VERUNT / + ST. CAROLUS BORR. ETINDEI AMORE NOS REDDAT FLEVENTES. NOS CONTINUA PROTECTIONE CUSTODES +
(„Zur Ehre des heiligen Carl Borromäus haben [NN und Ehefrau Barbara] im Jahr 1910 (diese Glocke) gestiftet. / Der heilige Carl Borromäus gewähre uns Weinenden in der Liebe Gottes Wächter mit immerwährendem Schutz.“)

Glocke 2, gegossen 1960 von Rudolf Perner:

Schlagton: es′; Gewicht: 1490 kg; Durchmesser: 1350 mm; Höhe: 1420 mm;.
Inschrift in der Flanke:
BERLIN-SPANDAU / GOLDENES PRIESTERJUBILÄUM / 1959 /GEISTL. RAT WILHELM NAWROT, PFARRER ST. MARIEN SPANDAU / TODESJAHR 1960
Darunter: Rudolf Perner, Anno domini 1960, Passau 1429.
Gegenüber: ST. WILHELM.

 

Baugeschichte

Um 1900 lebten rund 9000 Katholiken in Spandau, die Gemeinde war vor allem infolge der Industrialisierung durch Zuwanderung aus den katholischen preußischen Ostprovinzen erheblich angewachsen. Die 1848 gebaute Pfarrkirche St. Marien am Behnitz war zu klein geworden. Deshalb wurde von 1908 bis 1910 eine größere Kirche gebaut – an anderer Stelle, weil denkmalpflegerische Überlegungen und der moorige Untergrund den Abriss und einen größeren Neubau am alten Platz nicht zuließen. 1904 entstand ein Kirchbauverein, der Spenden für den Kirchbau sammelte. St. Marien am Behnitz wurde 1907 oder 1910 an das Militär verkauft, wodurch weitere Geldmittel für einen Neubau zur Verfügung standen. Man erwarb ein Baugrundstück an der Ecke Askanierring/Moltkestraße (heute: Ecke Flankenschanze/Galenstraße), damals knapp außerhalb der Bastionen.

Am 4. Oktober 1908 begannen die Arbeiten auf dem Kirchbaugrundstück, im Winter ruhten sie. Wegen des schlechten Baugrunds mussten die Bodenfundamente verstärkt werden. Feierliche Grundsteinlegung durch den Fürstbischöflichen Delegaten Prälat Carl Kleineidam war am 20. Mai 1909, das Richtfest am 5. Dezember 1909. Die Kosten des Gebäudes einschließlich des Grundstücks beliefen sich auf 650.000 Mark. Bereits am 30. Oktober 1910 konnte der Fürstbischof von Breslau, Georg Kardinal von Kopp, zu dessen Erzbistum Spandau damals gehörte, die Kirchweihe vornehmen.

Im Dezember 1925 wurde die Kirchturmspitze durch Blitzschlag schwer beschädigt. Am 6. Oktober 1944 war die Kirche bei einem Fliegerangriff so stark zerstört worden, dass die englische Militärregierung später die Sprengung anordnete. Diese konnte jedoch durch intensive Bemühungen von Geistlichem Rat Willy Nawrot und Baurat Felix Lukanek abgewendet werden. Die Gottesdienste fanden vorübergehend wieder in der Marienkirche am Behnitz statt. 1946 wurde das Kirchengrundstück in Eigenleistung von Gemeindemitgliedern enttrümmert, 1948 begannen die Wiederaufbauarbeiten, die sich bis 1952 hinzogen; Richtfest war am 10. Oktober 1950. Am 22. Mai 1952 wurde die Kirche nach der

Altarweihe durch den Berliner Bischof Wilhelm Weskamm in ihrer früheren Gesamtgestalt (ohne die Ausmalung) wieder für Gottesdienste in Gebrauch genommen.

Ab 1968 erfolgte eine Umgestaltung der Ausstattung in Folge der Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils; in dieser Zeit feierte die Gemeinde ihre Gottesdienste für mehrere Jahre ebenfalls wieder in der Kirche St. Marien am Behnitz.

 

Quelle: Wikipedia, Artikel „Maria, Hilfe der Christen (Spandau)“

Dort angegebene Literatur:

* Friedrich Förster: ''250 Jahre Katholische Kirche in Spandau.'' Berlin 1973.

* Christine Goetz: ''Souveräner Umgang mit Baugeschichte. Maria, Hilfe der Christen, Berlin-Spandau.'' In: Christine Goetz, Constantin Beyer: ''Stadt. Land. Kirchen. Sakralbauten im Erzbistum Berlin.'' Kunstverlag Josef Fink, Berlin 2018, ISBN 978-3-95976-101-7, S. 58f.

* Gunther Jahn: ''Sakralbauten. St. Marien–Kirche.'' In: ders.: ''Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin. Stadt und Bezirk Spandau.'' Gebr. Mann Verlag, Berlin 1971, S. 181–185.

* Kath. Kirchengemeinde Maria, Hilfe der Christen (Hrsg.): ''Festschrift 100 Jahre Maria, Hilfe der Christen Berlin-Spandau 1910–2010'', Oranienburg (WMK-Druck) o.J. [2010], darin Beiträge von Martin Recker. (Geschichte), Felix Lukanek (Zerstörung und Wiederaufbau) und Christine Goetz (Architektur und Kunst); verantwortlich: Pfr. Matthias Mücke; Konzept und Redaktion: Lilo Heusler.

* Franz Kohstall: ''Geschichte der Katholischen Pfarrgemeinde zu Spandau. Ein Beitrag zur 50jährigen Jubelfeier der Pfarrkirche St. Maria am 13.November 1898.'' Commissions-Verlag der Germania, Berlin o.J. [1898] (112 S.)

* Franz Kohstall: ''Geschichte der katholischen Pfarrgemeinde Sankt Marien zu Spandau.'' Verlag von August Malinowski, Spandau o.J. [1924] (238 S.)

* Gertrud Kohstall: ''Führer durch die Pfarrkirche St. Marien Berlin-Spandau. Jubiläumsschrift 1910/35.'' o.O., o.J. [1935] (Im Auftrage des Pfarramtes verfaßt von Gertrud Kohstall; 16 S.)

* Gebhard Streicher, Erika Drave: '' Berlin Stadt und Kirche.'' Morus Verlag, Berlin 1980, ISBN 3-87554-189-8, S. 240.