St. Marien am Behnitz

Die Kirche St. Marien am Behnitz liegt im Kolk Spandau im Behnitz/Ecke Am Juliusturm nahe der Juliusturmbrücke und befindet sich heute im Privatbesitz, nachdem das Erzbistum Berlin sie 2001 zum Kauf angeboten hatte. Die Besitzer restaurierten sie 2002/2003 gründlich und machten sie zu einem Ort für musikalische und literarische Veranstaltungen, doch wird zweimal wöchentlich dort auch die Heilige Messe gefeiert.

 

Das Gebäude

Architekt der Kirche war August Soller. Er hatte die Vorstellungen vom Kirchenbau zu berücksichtigen, die König Friedrich Wilhelm IV. – der auch einen Zuschuss zum Bau bewilligte – bevorzugte. Als Leitbild diente die altchristliche Basilika, für die ein höheres Mittelschiff zwischen zwei Seitenschiffen bestimmend war. Die vier „Thürmchen im Zinkgussverfahren“, die die Fassade krönten (inzwischen verlorengegangen und heute aus Sandstein neu ergänzt), gehen auf den besonderen Wunsch des Königs zurück.

 

St. Marien ist ein Ziegelbau, außen unverputzt, drei Fensterachsen lang, relativ schmal und hoch. Die Farbe der Ziegel ist ein sehr helles Terrakotta. Fenster und Tür sind in je zwei Rundbogenstreben mit einem Kreis darüber gegliedert. Die Kirche lag an der Straße – dem Behnitz – und war von Nachbargebäuden eingefasst. Dementsprechend ist die Fassade eindeutig als Schauseite ausgebildet.

 

Nach dem Kauf durch ein Berliner Ehepaar Ende 2001 begann nach intensiven Gesprächen zwischen Besitzern und Denkmalbehörde und Abwägung aller Umstände eine umfassende äußere und innere Sanierung und Rekonstruktion nach Maßgabe der 1894/1895 erneuerten Ausstattung, die sich rückblickend gut dokumentieren ließ. Alle Maßnahmen wurden ohne jede öffentliche Förderung ausschließlich mit privaten Mitteln finanziert.

 

1894 hatte ein Breslauer Kirchenausstatter den Auftrag für einen neuen Hochaltar und zwei Seitenaltäre bekommen. Gleichzeitig erhielten die Altarräume und die Kanzel neue Wandmalereien beziehungsweise Vergoldungen. Es dominieren die traditionellen Farben einer Marienkirche: Blau, Rot und Gold. Die drei Altarnischen haben Sternenhimmel und sind in Teppichmalerei ausgeführt. marmorierte Wände. Das Mittelschiff wird bestimmt von einem Kronleuchter.

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2003 erhielt die Kirche ihre Orgel, die die Orgelbaufirma Schuke erbaute. Das Instrument hat 35 Register mit zwei Manualen und Pedal.

 

Geschichte der Kirche

Nachdem die Pfarrkirche St. Nikolai 1539 protestantisch geworden war, gab es nahezu keine Katholiken mehr in Spandau, bis anfangs des 18. Jahrhunderts für die königliche Gewehrfabrik Facharbeiter aus Lüttich angeworben wurden, die katholisch waren. Ihnen wurde durch königliches Dekret von 1722 freie Religionsausübung zugesichert. Rund 200 Personen kamen nach Spandau, begleitet von einem Dominikanerpater. Das erste Gotteshaus war ein 1723 erbauter kleiner einfacher Fachwerkbau östlich der Zitadelle Spandau, das den Heiligen Petrus und Paulus geweiht war. Es musste bereits Mitte des 18. Jahrhunderts wegen Baufälligkeit abgerissen und 1767 durch einen Neubau ersetzt werden.

 

Seit etwa 1825 wurde abermals über einen Neubau nachgedacht. Die katholische Gemeinde der Militärstadt Spandau war inzwischen sehr viel größer geworden, in erster Linie durch den Zuzug von Soldaten, die in katholischen Landesteilen angeworben worden waren. Nach langen Verhandlungen und nach Klärung der Kosten konnte 1847 der Grundstein für ein neues Kirchengebäude gelegt werden, diesmal innerhalb der Stadtmauern, am sogenannten „Behnitz“, einem der beiden ältesten Siedlungsgebiete in Spandau. Die Kirche wurde am 21. November 1848 durch Weihbischof Daniel von Lattussek aus Breslau geweiht. Das Patrozinium dieser Marien-Kirche erinnert an das 1239 in Spandow gegründete Benediktinerinnenkloster St. Marien, das 1558 infolge der Reformation aufgehoben worden war.

 

Besitzer, Nutzung und Zustand Kirche wechselten mehrfach. Um 1900 lebten schon rund 9000 Katholiken in Spandau, die Gemeinde war vor allem durch Zuwanderung aus den katholischen preußischen Ostprovinzen erheblich angewachsen. St. Marien am Behnitz war für 750 Gemeindemitglieder zur Zeit ihrer Erbauung ausreichend, war aber jetzt zu klein geworden, und 1908-1910 wurde die neue Pfarrkirche Maria, Hilfe der Christen gebaut.

 

Für die Kirche am Behnitz wurden verschiedene Nutzungskonzepte diskutiert und verworfen (Lagerhalle, Kino, Turnhalle), schließlich konnte das Gebäude 1910 mit Gewinn an die Militärverwaltung verkauft werden, St. Marien wurde die katholische Garnisonkirche. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs war das deutsche Heer teilweise aufgelöst; 1921 wurde die Kirche geschlossen, erst 1936 erneut geweiht und bis 1945 als Garnisonkirche genutzt.

 

Im Zweiten Weltkrieg erlitt St.Marien am Behnitz starke Schäden, diente aber dennoch von 1944 bis 1952 als stets überfülltes Ausweichquartier für die fast vollständig zerstörte Pfarrkirche. In den folgenden Jahren setzte sich der Verfall der Kirche fort. Erst 1962 begannen Instandsetzungs- und Renovierungsarbeiten durch die damalige Eigentümerin, die Bundesrepublik Deutschland. Während der Umgestaltung des Innnenraums von St. Maria, Hilfe der Christen ab 1968 fanden die Gottesdienste der Gemeinde für mehrere Jahre wieder in der Kirche am Behnitz statt. 1995 erwarb das Erzbistum Berlin die Kirche von der Bundesrepublik. An der geringen Nutzung änderte sich dadurch nichts, nur kleine freikirchliche und ausländische Gemeinden hielten gelegentlich Gottesdienste ab. Als deutlich wurde, dass sich an diesem Zustand nichts ändern ließ, die notwendige Sanierung aber für das Erzbistum zu teuer werden würde, bot man St. Marien am Behnitz zum Verkauf an. Seit 2001 ist das Gebäude im Privatbesitz.

 

Text: nach Wikipedia