
21/07/2025 0 Kommentare
100 Jahre katholisches Wirken in Dallgow-Döberitz
100 Jahre katholisches Wirken in Dallgow-Döberitz
# Pfarrei Berichte

100 Jahre katholisches Wirken in Dallgow-Döberitz
Ein Gottesdienst des "Sozialapostels", Priesters und Ordensgründers Pater Johannes Maria Haw (1871–1949) auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz in Dallgow-Döberitz vor 100 Jahren, am 2. Juli 1925, wird gemeinhin als der Beginn des seelsorgerischen und caritativen Wirkens der Schwestern und Brüder des katholischen Johannesbundes angesehen.
Unter den Bergleuten in Holz an der Saar lernte Pfarrer Haw die Not von Familien kennen, wenn Familienmitglieder in die Abhängigkeit von Alkohol gerieten. Diese Eindrücke und Erfahrungen bestimmten seinen weiteren Lebensweg. Mit Hilfe seines Freundes, des Pfarrers von St. Michael, Berlin-Mitte, und späteren Bischofs vom Ermland, Maximilian Kaller, erwarb Pfarrer Haw für den Johannesbund in Döberitz, dem jetzigen Dallgow-Döberitz, ein Haus mit Gartengelände und Werkstätten, wo entlassene Strafgefangene und später auch Obdachlose Betreuung fanden.
Erster Leiter des Heimes war Pater Andreas Schmitt. Mit ihm kam die erste Oblatenschwester Sophia. In dem ehemaligen Weinkeller wurde der Versuch unternommen, eine Schusterei sowie eine Champignonzucht und eine Stuhlflechterei entstehen zu lassen. Die Bewohner des Hauses sollten durch ihre eigene Arbeit zu ihrem Lebensunterhalt beitragen. Dieser frühe Versuch einer Arbeitstherapie wurde von dem Berliner Caritas-Apostel Dr. Carl Sonnenschein anlässlich seines Besuches des Johanneshauses lobend erwähnt. Im Jahre 1934 beauftragte der Berliner Bischof Nikolaus Bares Pater Andreas Schmitt mit der Seelsorge für die Gemeinde Döberitz und die Nachbarorte. Es kamen die ersten Hausschwestern für die Gemeindearbeit in den Ort. Sie besuchten und pflegten die Kranken und leisteten wichtige Sozialarbeit.
1941 wurde der Johannesbund von der Gestapo Berlin als Staatsfeind verboten, die zu ihm gehörenden Gemeinschaften wurden aufgelöst und das Vermögen beschlagnahmt. Gleich nach dem Krieg begann der Johannesbund mit dem Wiederaufbau seines Werkes. Die Häuser waren 1945 entweder zerstört oder wurden in einem verwahrlosten Zustand zurückgegeben. Auf dem Gelände des Johanneshauses wurde 1945 ein Kindergarten eingerichtet. Die 120 Kinder wurden von den nach Dallgow zurückkehrenden Schwestern betreut. Diese betrieben auf dem Gelände Landwirtschaft und trugen so zur Versorgung der Kinder und des Seniorenwohnheimes bei.
Im Jahr 1984 wurde mit dem Ausscheiden der langjährigen Kindergärtnerin Frau Heka der Kindergarten geschlossen. Aufgrund der politischen und gesellschaftlichen Situation in der damaligen DDR wurden nur noch wenige Kinder im katholischen Kindergarten angemeldet, so dass eine Weiterführung nicht möglich war. Das frei gewordene Michaelshaus wurde umgebaut, und es zogen dann 12 Senioren ein.
Die Trägerschaft für das Seniorenheim wurde zum 1. Januar 1988 an den Berliner Caritasverband übergeben. Die Betreuung der mittlerweile 27 Seniorinnen und Senioren erfolgte nun durch weltliche Kräfte. Nach der Wiedervereinigung wurde die Trägerschaft für das Johanneshaus in Dallgow-Döberitz an die Johanneshaus GGmbH übertragen. Gesellschafter sind der Johannesbund e.V., Leutesdorf sowie der Caritasverband für Berlin e.V. und der Caritasverband für das Erzbistum Berlin e.V. In den folgenden Jahren wurden eine Reihe von notwendigen Renovierungsmaßnahmen durchgeführt. Trotzdem entsprachen die Baulichkeiten nicht der Brandenburger Heimmindestbauverordnung, sodass ein Neubau geplant werden musste. Mit der Planung wurde bereits 1994 begonnen. Nach zwei Fehlversuchen konnte dann im Jahre 1998 Einvernehmen mit den Behörden getroffen werden. Mit dem Neubau des Pflegeheimes für 44 Personen in Einzelzimmern und des Seniorenwohnhauses mit 20 Appartements wurde im Mai 1999 begonnen.
Die Kapelle „St. Johannes der Täufer" auf dem Gelände gehört zur Pfarrei Heilige Familie, Spandau-Havelland. Dort finden regelmäßig Gottesdienste statt.
Seit 1999 befindet sich in unmittelbarer Nähe (am Wasserturm) wieder eine Kindertagestätte in katholischer Trägerschaft – St. Martin. Hier ist jedes Kind herzlich willkommen, gleich welcher Herkunft oder Religion. Mit dem Wissen um die Einzigartigkeit jedes Einzelnen wird hier ein Ort angeboten, an dem sich jedes Kind in der Gemeinschaft mit anderen individuell entfalten und entwickeln kann. Akzeptanz anderer und Empathie sind wichtige Werte der Kita, die hier den Kindern jeden Tag vorgelebt und vermittelt werden. Die enge Zusammenarbeit mit dem Seniorenheim "St. Johannes" ist ein wichtiger Teil dieser Wertearbeit. Im Kontakt mit den Seniorinnen und Senioren erlernen die Kinder Respekt und Rücksichtnahme.
So schließt sich in der 100-jährigen Geschichte des seelsorgerlichen und caritativen Wirkens katholischer Christen hier vor Ort in Dallgow-Döberitz der Kreis. Als Getaufte und Gefirmte sind insbesondere wir aufgefordert, die Zeichen der Zeit zu erkennen und die Botschaft Jesu im Hier und Jetzt zu leben. Dies ist auch Anliegen des Prozesses “Wo Glauben Raum gewinnt”: Menschen heute mit der Botschaft Jesu in Berührung zu bringen. Haben wir keine Angst, überfordert zu sein! Es geht nicht um große Konzepte und Perfektion, sondern ums Wahrnehmen, Erkennen und Handeln im Alltag. Dabei darf uns leiten: Was ihr für den Geringsten unserer Geschwister getan habt, das… Gleichwohl bedarf es dazu der Quelle – der Communio, die uns tragen und uns stützen soll, die Kraft gibt, so wie es der Johannesbund uns vorgelebt hat.
Thomas Neubauer
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